Anhebung der Beitragsbemessungsgrenzen: Die Wahlgeschenke werden eingesammelt

Bei der letzten Bundestagswahl wurden Wahlgeschenke insbesondere auch an Rentner in Ostdeutschland verteilt. Die schwarz-gelbe Koalition wollte steuerliche Erleichterungen für die mittleren Einkommensbezieher durchsetzen und man weigerte sich auch danach mit einer medialen Kampagne gegen jedwede Steuererhöhungen insbesondere auch für höhere Einkommensbezieher. Zudem werden mittelfristige kräftig sprudelnde Steuereinnahmen aufgrund der letzten Steuerschätzungen prognostiziert. Auch das sind gewagte Aussagen, da sie auch einer stetigem günstigen Wachstumsprognose und hoher Beschäftigung sowie niedriger Arbeitslosigkeit beruhen.
Jetzt kommt durch die Anhebung der Bemessungsgrenzen bei den Sozialversicherungsbeiträgen die Anhebung der Sozialabgaben durch die Hintertür. Weniger Netto vom Brutto ist die Konsequenz insbesondere für diejenigen, die durch die Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze jetzt erheblich mehr Beiträge ab dem kommenden Jahr zu leisten haben werden.
Das betrifft insbesondere die mittleren Einkommensbezieher, die eben durch die Anhebung deutlich höhere Beiträge als bisher werden leisten müssen ohne dadurch letztendlich größere Rentenansprüche zu erwerben, denn man wird eben mehr Beiträge für die gleichen Beitragspunkte leisten müssen.
So sieht also die Mittelstandspolitik der CDU/CSU und FDP aus, die als noch amtierende Bundesregierung diese Anhebung auf dem Verordnungsweg schnell anheben wird. Damit zeigt sich die ganze Heuchelei der jetzigen Regierung. Man will keine Steuererhöhungen insbesondere für die oberen Einkommensbezieher, aber man greift skrupellos auf die Einkommen der Mittelschicht zu. Nur sind es eben die Sozialabgaben und nicht die Einkommenssteuer, die diese jetzt deutlich höher belasten werden. Man schützt die Einkommen der Reichen, die sowieso nichts in die Sozialversicherungssysteme einzahlen und bei einem konstanten Spitzensteuersatz immer reicher werden. Die Einkommensungleichheit wird so noch weiter auseinander driften und der Mittelstand weiter schrumpfen. Mithin gilt hinsichtlich der Verteilungspolitik in Deutschland, same same not different. Soziale Gerechtigkeit bleibt ein Fremdwort in Deutschland.

Jetzt kommt der flächendeckende gesetzliche Mindestlohn!

Zufall oder Notwendigkeit? In der Geschichte streiten sich seit langem die Historiker darüber, ob es einen Geschichtsdeterminismus gibt oder doch Zufälligkeiten den Gang der Geschichte maßgeblich mitbestimmen. Niemand hatte das Wahlergebnis, so wie es jetzt vorliegt vorhergesehen. Das konservative Lager rechnete fest mit einer deutlichen Mehrheit. Entweder wie jetzt in Bayern mit einer absoluten Mehrheit der CDU/CSU auch im Deutschen Bundestag oder eben schwarz-gelb falls es dazu nicht reicht. Die SPD und die Grünen wollten sich suggerieren, dass es für eine rot-grüne Koalition reichen könnte, trotz aller gegenteiligen Zeichen, dass ein solches Wahlergebnis außerhalb der Reichweite beim Wähler lag. Die AfD glaubte fest daran, dass man die 5%-Hürde würde meistern können und die Linke wurde mit dem jetzt vorliegenden Wahlergebnis was sie zur drittstärksten Fraktion im Deutschen Bundestag trotz Stimmenverlusten machte, überrascht. Der unkalkulierbare Wille der Wähler, die am Ende das berühmte Wähler-Paradox herbeiführten, hat eine Lage geschaffen, die alle Parteistrategen vor neue Herausforderungen stellt. Die scheinbar übermächtige Kanzlerin steht jetzt vor einem Trümmerhaufen. Sie muss um ihre Wiederwahl zittern. Warum? Nun es gibt eine Mehrheit für rot-rot-grün. Man muss daher seitens der CDU/CSU alles unternehmen einen Koalitionspartner unter den drei verbliebenen Parteien zu finden, sonst ist es mit der Kanzlerschaft von Merkel fürs erste vorbei.
Mindestlohn wird zum Testfall
Es verwundert daher nicht, dass die SPD und die Grünen sich jetzt zieren Koalitionsverhandlungen mit der CDU/CSU aufzunehmen. Die Grünen haben durch den Rücktritt des kompletten Parteivorstands sich erst mal selber aus dem Spiel genommen. Es dürfte einige Zeit dauern bis die Partei wieder handlungsfähig ist. Die SPD plant eine Mitgliederbefragung , ob sie das Risiko einer Großen Koalition – eigentlich ist das ja nicht mehr eine unter gleichen, da die CDU/CSU mit 41,5% so deutlich vor der SPD mit 25,7% liegt, dass man im Vergleich zum letzten Mal nur als Juniorpartner de facto mitregieren könnte. Trotz völlig anderer Umstände wurde die Zusammenarbeit mit CDU/CSU am Ende vom Wähler nicht belohnt. Die SPD stürzte mit ihrem schlechtesten Wahlergebnis seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland mit 23 Prozent regelrecht ab. Sie wurde immer noch wegen der Agenda 2010 bei den Wählern abgestraft. Eine einfache Entscheidung des Parteivorstands wird es wohl derzeit nicht geben. Das bedeutet jedoch auch dies wird längere Zeit in Anspruch nehmen. Die CDU/CSU hat derzeit also keine Verhandlungspartner.
Die Linke bringt jetzt einen Coup ins Spiel. Man will auch ohne eine Regierungsbildung einen gesetzlichen flächendeckenden Mindestlohn zusammen mit rot-grün beschließen. Man wird voraussichtlich dabei der SPD mit einer Höhe von 8,50 Euro je Stunde entgegenkommen. Die Verlockung ist daher groß, dies auch tatsächlich zu tun. Es wäre implizit eine Weichenstellung, da die CDU/CSU keinen Einfluss auf diese Entscheidung mehr nehmen kann. Damit würde sich auch die Option verlieren, damit noch ein Zugeständnis für die SPD für eine Große Koalition zu machen. Das Angebot wäre nicht mehr aktuell und obsolet.
Sollte die SPD und die Grünen auf dieses Angebot der Linken nicht eingehen, dann müssten sie jedoch zumindest dies zum unverhandelbaren Kern von Koalitionsverhandlungen mit der CDU/CSU machen. Dann käme er also ebenfalls. Egal wie man es dreht und wendet. Der gesetzliche flächendeckende Mindestlohn kommt, ob nun mit oder ohne CDU/CSU. Es könnte sich so der alte Spruch von Gorbatschow erneut bewahrheiten: „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.“ Merkel wird jetzt auch ihr TINA erleben, there is no alternative.
Schwarz-rot oder Rot-rot-grün?
Parallel könnte es als Prüfstein für eine mögliche Zusammenarbeit zwischen der SPD, den Grünen und der Linke sein. Gelingt der Coup, dann stärkt das die Chancen für eine weitere Zusammenarbeit. Merkel und die CDU/CSU müssten hilflos zusehen, wie ihnen die Kontrolle und damit die Macht entgleiten.
Beispiele aus der Vergangenheit gibt es. So war der Coup zwischen Willy Brandt und Walter Scheel ein sozialliberales Bündnis gegen die CDU/CSU zu schmieden auch ein Hasardspiel. Es war zu dem Zeitpunkt auch nicht klar, ob ausreichend FDP Abgeordnete diesen Schwenk mitvollziehen würden.
Manchmal wird so Geschichte geschrieben und widerlegt damit diejenigen, die an einen Geschichtsdeterminismus glauben. In der historischen Forschung ist die Debatte unter virtueller Geschichte bzw. kontrafaktische Geschichte bekannt. Manchmal ergeben sich Scheidewege, die die historische Entwicklung in eine andere Richtung lenken. Dann geraten die gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse zum Tanzen. Derzeit befindet sich die Politik in Deutschland an einem solchen Scheideweg. Warten wir es ab, was sie uns am Ende bringen wird.

Bundestagswahl: Merkels Pyrrhussieg

Die vorläufigen Wahlergebnisse sind bekanntgegeben worden, die Wahlparties gefeiert und die Politiker haben ihre sybillinischen Äußerungen in Talkshows von sich gegeben. Die Kommentatoren und die CDU/CSU feierten sich als großen Sieger der Bundestagswahl. Ist das so?

Stärkste Fraktion aber ohne Kanzlermehrheit

Die Crux: Die CDU/CSU hat weder die absolute Mehrheit geschafft noch ist die FDP als Mehrheitsbeschaffer im Deutschen Bundestag noch vertreten. Zwar hat die CDU/CSU mit 41,5 Prozent das seit langem ihr bestes Ergebnis bei einer Bundestagswahl eingefahren, aber ihr bisheriger Koalitionspartner scheiterte an der 5 Prozenthürde.[1] Das offizielle Wahlziel von Merkel, die schwarz-gelbe Koalition fortsetzen zu können, wurde verfehlt.[2] Darüber schwieg die Kanzlerin. Schließlich hat sie mit ihrer von der CDU/CSU gestarteten Kampagne gegen Zweitstimmen für die FDP das schlechte Abschneiden der FDP mit zu verantworten.[3]

Das wird Wunden bei der FDP hinterlassen, die sich als Juniorpartner sowieso in der schwarz-gelben Koalition machen Schikanen der CDU/CSU ausgesetzt sah. Trotz ihres grandiosen Wahlsiegs bei der vorangegangenen Bundestagswahl – dem besten ihrer ganzen Parteigeschichte – behandelte man die FDP stets als Koalitionspartner, der sich der Richtlinienkompetenz zu fügen habe. Aus Rösler wohltönenden Ankündigungen bei seiner Wahl zum Parteivorsitzenden, „jetzt wird geliefert“, wurde am Ende nichts.[4] Die Koalition schleppte sich nur mühsam bis zum Wahltag über die Runden. Die babylonische Gefangenschaft der FDP mit der CDU/CSU dürfte damit für Jahre beendet sein. Insbesondere durch die Gründung der AfD ist der FDP ein gefährlicher Konkurrent erwachsen. Beide Parteien haben zusammen ja immerhin knapp 10 Prozent der Stimmen auf sich vereinigen können. Die sind nun – weil beide an der 5 Prozenthürde scheiterten – verlorengegangen.

Was nun Frau Merkel?

Mithin wird die die Kanzlerin auf der Suche nach einer neuen Kanzlermehrheit zwangsweise in Koalitionsverhandlungen mit der SPD sowie den Grünen eintreten müssen. Das dürfte ein schwieriges Unterfangen werden. Schließlich sind beide Parteien explizit angetreten, um sie als Kanzlerin abzulösen. Die Wahlprogramme der SPD und der Grünen sind auch auf  Themen wie die soziale Gerechtigkeit zugeschnitten. Dies beinhaltet einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn, höhere Steuern für Besserverdienende, etc. Das sind alles Dinge, die im Giftschrank der CDU/CSU bisher unter Verschluss waren. Man wird jedoch kaum umhinkönnen den beiden potentiellen Koalitionspartnern konkrete Zugeständnisse machen zu müssen.

Insbesondere die SPD wird hier kaum viel Spielraum haben. Aufgrund der schlechten Erfahrungen mit der letzten Großen Koalition, bei der Merkel den Dank der Wähler absahnte und die SPD ihr schlechtestes Wahlergebnis seit Bestehen der Bundesrepublik einfuhr, wird sie kaum bereit sein, sich nur als pflichtbewusste staatstragende Partei vereinnahmen zu lassen . Hinzu kommt jetzt das Debakel der FDP. Irgendwie ist Merkel die Schwarze Witwe der Koalitionspartner. Wer mit ihr koaliert, verliert am Ende immer. Man darf sich daher auf langandauernde Koalitionsverhandlungen einstellen.

Es wäre eine geeignete Zermürbungsstrategie der drei Oppositionsparteien. Wenn die SPD und die Grünen die Latte nur hochgenug legen, so dass Merkel nicht darüber springen kann, dann wäre am Ende doch noch eine rot-grüne Regierung mit Duldung der Linkspartei oder eben sogar eine rot-rot-grüne Koalition denkbar. In Nordrhein-Westfalen haben das ja SPD und Grüne ja vorgemacht.

Es dürfte für Merkel und die CDU/CSU schwierig werden, eine Kanzlermehrheit im jetzt gewählten Deutschen Bundestag zu finden. Merkel wäre nicht die erste Kanzlerin, die trotz großer Popularität am Ende scheitert. Willy Brandt und auch Helmut Schmidt erlitten ein vergleichbares Schicksal. Der jetzt so groß gefeierte Wahlsieg der CDU/CSU könnt sich am Ende als Pyrrhussieg entpuppen. Die Lage bleibt unübersichtlich.

Bayern Wahl: Muttis Todeskuss der FDP

Bayern hat gewählt. Das Ergebnis ist eine absolute Mehrheit für die CSU im Bayrischen Landtag und der Rausschmiss der FDP. Die SPD kann sich das Ergebnis schönreden, man liegt jedoch weit abgeschlagen hinter der CSU. Die Träume einer Koalition aus SPD und Grünen mit den Freien Wählern als Alternative zur CSU als Staatspartei hat sich in Luft aufgelöst. Trotz der Skandale im Bayrischen Landtag um exorbitante Zahlungen von insbesondere CSU-Abgeordneten an die eigenen Familienangehörigen, hat die Wähler in Bayern nicht dazu veranlasst der CSU einen Denkzettel zu verpassen. In Bayern ist Korruption eben – so muss man es sehen – ein Kavaliersdelikt. Ob Steuerhinterziehung à la Ulli Hoeneß oder eben Begünstigung von Familienabgeordneten durch bayrische Parlamentarier, das scheint in Bayern niemanden – jedenfalls die Mehrheit nicht zu kratzen. Offensichtlich lebt man unter dem Leitsatz: „S’war immerso.“
Damit hat man nicht ganz unrecht, denn seit den Tagen von Franz Joseph Strauß kamen regelmäßig Korruptionsskandale, in die Politiker der CSU verwickelt waren, ans Licht der Öffentlichkeit oder eben auch nicht. Geschadet hat es der CSU beim Wähler kaum. Das lässt darauf schließen, dass ein großer Teil der Bayern mit Recht und Ordnung im Staate nicht so genau nimmt. Hauptsache man kann seine Eigenständigkeit und Sonderrolle innerhalb Deutschlands wahren. Dafür steht nun einmal allein die CSU als Regionalpartei. Die CSU hat immer ihre Rolle in der Bundespolitik als Hebel zur Durchsetzung bayrischer Sonderinteressen hemmungslos genutzt. Als Grenzentscheider in Parlament und Regierungskoalitionen mit der CDU sowieso und meist mit der FDP oder auch der SPD, wenn’s im Bund mal gar nicht anders ging, war ein kategorisches Nein aus Bayern immer das probate Mittel, den Rest des Landes in die Knie zu zwingen. Das imponiert den Bayern, die sich als Staat in Staate, damit seit Jahrzehnten Vorteile verschaffen konnten. So wird es wohl auch weiterhin bleiben. Merkl dürfte das demnächst noch reichlich Kopfzerbrechen bereiten, das bayrische Profilierung letztendlich immer zu Lasten insbesondere der Schwesterpartei und ihrer Parteivorsitzenden geht.
Was lernen wir aus dem Wahlergebnis?
Die FDP hat in den Augen der Wähler weitestgehend abgewirtschaftet. Wegen ihrer Unbotmäßigkeiten gegenüber der CDU/CSU in der zurückliegenden Legislaturperiode hat man sich die Sympathie beim Koalitionspartner verscherzt. Ein Guido Westerwelle mit seinen massiven Erpressungsversuchen die Klientelinteressen seiner Interessenlobbys durchzusetzen, hat das Verhältnis schon früh zerrüttet. Dieser bundesweite Trend, der schwarz-gelbe Koalitionen in zahlreichen Bundesländern und Kommunen aus der Macht befördert hat, dürfte wohl auch weiter anhalten. Am deutlichsten wurde dies nach der Wahlpleite in Niedersachsen als der amtierende Regierungschef McAllister mit seiner schwarz-gelben Koalition aus dem Amt befördert wurde. Die FDP triumphierte aufgrund einer heimlichen Zweitstimmenkampagne von CDU-Wählern zugunsten der FDP und kam auf fast 10 Prozent. Merkel zog daraus die Konsequenz, dass man die bisherige Strategie der Zweitstimmen zugunsten der FDP nicht weiter fortführen könne. Offiziell vertritt man jetzt auch bis zur Bundestagswahl bei der CDU die Position, dass man der FDP keine Zweitstimmen schenken wolle. Das hindert die FDP nicht daran, genau dies weiterhin für sich zu propagieren. Das könnte jedoch diesmal schwierig werden. Ein wichtiger Grund besteht darin, dass durch die neue Regelung bezüglich der Überhangmandate , die Bedeutung von Zweitstimmen zugunsten einer anderen Partei abgenommen hat. Konnte bei der letzten Bundestagswahl die schwarz-gelbe Koalition vom Stimmensplitting zugunsten der FDP (Direktkandidat für die CDU/ Zweitstimme für die FDP) profitieren, so hat dieses Modell aufgrund des Ausgleichs der Überhangmandate an Relevanz verloren. Mithin liefert das offene oder heimliche Stimmensplitting zwischen CDU und FDP nicht mehr das gewünschte Ergebnis den Wählerwillen zugunsten der schwarz-gelben Koalition zu verzerren. Da die FDP in ihrem Bemühen um ein eigenständiges Profil sich zudem noch in der letzten Legislaturperiode zu oft mit der Kanzlerin angelegt hat, hat sie ihnen in echter Mutti-Manier den Todeskuss gegeben. Obwohl sie weiterhin öffentlich an der Fortsetzung der schwarz-gelben Koalition für den Tag nach der Bundestagswahl festhält, ist dies nur eine Option unter vielen. Um Durchregieren zu können, benötigt sie ja neben der Bundestagsmehrheit auch eine Mehrheit im Bundesrat. Dies ist aber mit der FDP bei den derzeitigen Machtverhältnissen in den Bundesländern de facto ausgeschlossen. Mithin hat die FDP derzeit für die CDU und die Kanzlerin ausgedient.
Die kleinen Parteien werden vom Wähler nicht akzeptiert
Die Wähler in Deutschland wissen besser als es ihnen die Politiker weismachen wollen, dass das Land vor schwierigen Zeiten steht. Man reagiert darauf in dem man sich an den beiden großen Parteien in Deutschland der CDU/CSU und der SPD stärker als bisher orientiert. Man fürchtet sich mehr vor instabilen politischen Verhältnissen wie sie in Italien und anderen Südländern üblich sind. Von daher verwundert es nicht, wenn man sogar eine erneute Große Koalition nach der Bundestagswahl für am sinnvollsten hält. Es könnte also sein, dass der Wähler in dem er die FDP als Koalitionspartner der CDU bei der Bundestagswahl eliminiert, damit seinen Wählerwillen dokumentiert.
Rot-grün dürfte ja an der fehlenden Mehrheit scheitern und eine Rot-rot-grüne Koalition wird es wohl auch nicht geben. Es wäre jedenfalls eine politische Sensation, wenn sich die SPD darauf einlassen würde, wenn sie durch das Wahlergebnis möglich geworden wäre.
Bleiben die vielen kleineren Parteien einschließlich der Linken. Die Linke hat insbesondere in den westlichen Bundesländern wenig Wähler gewinnen können. Das zeigen bereits die letzten Landtagswahlen. Sie bleibt weiterhin als Regionalpartei auf Ostdeutschland und die dortigen Bundesländer beschränkt. Sollte AfD die 5%-Hürde schaffen, dann wäre das sicherlich eine Sensation bei der kommenden Bundestagswahl. Die Piraten, die noch vor einem Jahr sich ernsthaft Chancen ausrechnen konnten, in den Deutschen Bundestag einzuziehen, haben aufgrund der internen Querelen und fehlender politischer Programmatik kaum eine ernsthafte Chance. Man kann daher derzeit von einer Art Trendwende dahingehend sprechen, dass in Krisenzeiten wie jetzt die Wähler in Deutschland sich nach einer starken politischen Führung sehnen. Dies kommt beiden großen Parteien zugute. Allerdings wird auch bei ihnen gelten, sie müssen liefern, wenn diese Entwicklung anhalten soll. Das könnte schwieriger werden als es sich manche in der CDU/CSU und SPD vorstellen. Schließlich ist die Eurokrise ein so komplexer Vorgang, der auch durch politische Entscheidungen mit klaren Mehrheiten in Deutschland nicht unbedingt positive Ergebnisse zeitigen muss. Es gilt eben grundsätzlich, dass die Unterstützung für jedwede Regierung schrumpft, wenn es mit der Wirtschaft bergab geht. Das könnte schneller passieren, als es manchen Optimisten in Politik und Wirtschaft denkbar erscheint. Man wird dann überrascht sein, aber das wird ihnen nicht nützen. Am Ende zählt eben nur der Erfolg. Geht der verloren, dann werden die Karten auch in der Politik neu gemischt.

Merkel, die AfD und die Bundestagswahl

In der Öffentlichkeit wird der Bundestagswahlkampf als einer zwischen schwarz-gelb gegen rot-grün stilisiert. Die FDP hat mehrmals explizit eine Ampel—Koalition ausgeschlossen. Die SPD eine rot-rot-grüne Koalition. Aber ist damit das Spektrum der Möglichkeiten bereits ausgeschöpft. Einige Meldungen in den letzten Wochen machen mich skeptisch. Ist eine Koalition CDU/CSU mit der AfD[1] anstelle von schwarz-gelb nicht ein Joker, den Merkel in der Hinterhand hält?

Die AfD als Ableger der CDU

Das Markenzeichen der AfD ist eine eurokritische Haltung. Bernd Lucke[2], ein langjähriges CDU-Mitglied, ist das Gesicht der neuen Partei. Er hat in Interviews eine Koalition mit der CDU/CSU nicht ausgeschlossen.[3] Dieser Vorstoß von Lucke  wurde allerdings später wieder dementiert.[4] Neueste Meinungsumfrage bescheinigen plötzlich der AfD die Chance die 5 Prozent-Hürde bei der Bundestagswahl zu überschreiten.[5] Damit liegt sie in etwa gleichauf mit der FDP. Auch wenn man den Meinungsumfragen auf Punkt und Komma nicht trauen kann, sie werden auch dazu benutzt die Öffentlichkeit zu manipulieren, dann erscheint mir ein solches Ergebnis plausibel. Besonders bemerkenswert in diesem Kontext ist ein Interview mit Joachim Starbatty, ein ausgewiesener Euro-Skeptiker, mit n-tv. Dort erklärt  er, dass die von Wolfgang Schäuble mit seinen Äußerungen über ein drittes Hilfspaket  für Griechenland, Schäuble der AfD über die 5 Prozent-Hürde helfen will, um ein Gegengewicht zu einer möglichen rot-rot-grünen Koalition zu schaffen.[6] Mithin schwebt zumindest in zahlreichen Köpfen der AfD und vermutlich auch der CDU/CSU  des konservativen Lagers der Gedanke, dass die AfD ein wichtiger Joker bei der Verhinderung einer rot-rot-grünen Koalition sein könnte. Sollte es die FDP nun plötzlich doch nicht in den Deutschen Bundestag schaffen, weil sie an der 5 Prozent-Hürde scheitert, in Bayern sieht es ja knapp für die FDP aus, könnte eine heimliche Zweitstimmenkampagne der CDU/CSU zugunsten der AfD die FDP durch die FDP ersetzen. Schließlich hat Angela Merkel in den zurückliegenden vier Jahren erkannt, dass die FDP weitgehend desolat und personell verbraucht ist. Euro-Skeptiker gibt es ja in FDP wie auch in der AfD. Abgesehen von der zentralen Frage zur Euro-Rettung dürften sich CDU/CSU und AfD inhaltlich näher stehen als der FDP. Schließlich stammen ein großer Teil der AfD-Mitglieder und potentiellen AfD-Wähler eben genau aus dem Wählerpotential der CDU/CSU.

Merkel und die Euro-Rettung

Von Angela Merkel ist bekannt, dass sie zu zahlreichen Volten und radikalen Politikwechseln neigt. B bei der Energiepolitik erst auf eine Verlängerung der Laufzeiten der deutschen AKWs gedrängt wurde,  vollzog sie die Energiewende hin zu erneuerbaren Energien nach dem Unfall der AKWs in Fukushima. Dies diente eindeutig dem eigenen Machterhalt, da ansonsten die Grünen immer stärker an Stimmen hinzugewonnen hätten. Um die Sozialdemokraten und die Grünen in Schach zu halten verkündete sieplötzlich gegen den parteiinternen Widerstand  ein großzügiges Programm an sozialen Leistungen einschließlich der Möglichkeit eines gesetzlichen flächendeckenden Mindestlohns. Solange die CDU inzwischen weitgehend zu einem Kanzler bzw. Kanzlerinnen Wahlverein degeneriert ist, kann sie jede Volta schlagen, die Partei erlebt schnell am eigenen Leibe, dass für Angela TINA (there is no alternative) gilt. Es gibt keine innerparteiliche Opposition mehr, die sie stürzen könnte. Schritt für Schritt hat sie die Gruppe ihrer parteiinternen Kritiker beseitigt. Durch den Verlust von Mehrheiten in zahlreichen Bundesländern gibt es bis auf Horst Seehofer keinen Ministerpräsidenten bzw. Ministerpräsidentin der CDU, die sie parteiintern herausfordern könnte.

In der Euro-Rettung hat Angela Merkel ebenfalls zahlreiche Volten geschlagen. Zunächst hat sie sich massiv als Bremserin bei Hilfspaketen wie im Falle Griechenlands betätigt und schien bis in den Mai letzten Jahres geneigt Griechenland als Mitglied der Eurozone hinauszudrängen. Insbesondere die CSU konnte sich dabei als Sprachrohr hervortun[7] Dann plötzlich entschied sie sich anders und erklärt, dass  Griechenland würde dauerhaft in der Eurozone gehalten werden. [8] Inzwischen mehren sich wieder die Stimmen, die einen Austritt Griechenlands für möglich erachten.[9] Nicht nur Hans-Werner Sinn wettet auf einen Austritt Griechenlands, sondern andere Spitzenökonomen wie Kai Konrad, der Vorsitzende des wissenschaftlichen Beirats des Bundesministeriums für Finanzen, schließt ein Auseinanderbrechen der Eurozone nicht mehr aus.[10]

Sollte es aber von Merkel gewollt oder ungewollt zu einem baldigen Auseinanderbrechen der Eurozone kommen, dann wären AfD und CDU/CSU perfekte Koalitionspartner einer Bundesregierung. In diesem Zusammenhang ist die Äußerung von Merkel, dass sie die SPD in der Frage der Euro-Rettung für total unzuverlässig halte, ein wichtiges Signal.[11] Insbesondere warf sie der SPD in einer Rede im Bundestag vor: „Das Dritte ist: In der Frage der Euro-Krise ist die Sozialdemokratie total unzuverlässig. Da ist von Eurobonds, Schuldentilgungsfonds, gemeinsamer Haftung bis hin auch zum Gegenteil alles gesagt worden. Und ich glaube, es ist sehr, sehr wichtig, dass man mit einer einheitlichen Richtung jetzt diese Krise weiter bewältigt.“[12]

Wenn es das Ziel der Kanzlerin jedoch nicht ist, den Euro in der derzeitigen Form zu retten und sich auf eine Wirtschaftsregierung à la Francaise oder Schuldenunion mit den Krisenländern einzulassen, dann wird verständlich, warum sie sich jetzt von der SPD und der Option einer Großen Koalition 2.0 abgrenzt .Das Vexierspiel der letzten Jahre diente ja nur dazu, einen unkontrollierten Kollaps der Eurozone zu verhindern. Inzwischen haben sich die Banken aus Deutschland weitestgehend aus der Gefahrenzone der Krisenländer zurückgezogen. Es hat in den vergangenen Jahren eine Renationalisierung im europäischen Bankensystem gegeben.[13] Damit hat sich aber die Gefahr von Ansteckungseffekten zwischen den einzelnen Mitgliedsländern im Zuge einer Bankenkrise in einzelnen Krisenländern auf Deutschland drastisch reduziert. Staatspleiten und Bankenpleiten in Griechenland, Portugal, Spanien oder Italien  bleiben zunehmend nationale Ereignisse. Im Sinne eines Schachspielers hat sich die Position Deutschlands im Mittelspiel hinsichtlich der jetzigen Stellung eindeutig verbessert. Manche Drohung, die 2010 und 2011 noch gegenüber Deutschland möglich war, kann so nicht mehr wirksam gemacht werden. Hinzu kommt, dass sich Deutschland von der Abhängigkeit seiner Handelsbeziehungen von denen der Krisenländer immer stärker abgekoppelt hat. Die Leistungsbilanzdefizite sind durch die massiven Konsolidierungspakete der Troika in den Krisenländern abgebaut worden.[14] Mithin sind diese Länder was die Leistungsbilanz angeht nicht mehr wie zuvor auf einen massiven Kapitalimport wie vor einigen Jahren noch angewiesen. Das Risiko eines massiven Schocks auf Deutschland über die Leistungsbilanz hat damit abgenommen. Der Desintegrationsprozess der Eurozone hat also bereits seit 2009 deutlich zugenommen.

Sollbruchstellen sind im Zuge der zahlreichen Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht errichtet worden. Zuletzt diente hierzu die Haftungsbegrenzung aus allen Rettungspaketen gegenüber der EU.[15] Mit der Inkraftsetzung des ESM-Vertrags und des Zusatzprotokolls zur Haftungsbegrenzung Deutschlands durch die anderen Mitgliedsländer ist diese Regelung nun zu einem anerkannten internationalen Recht geworden.[16] Damit haftet Deutschland nicht mehr gesamtschuldnerisch für die Eurozone. Mit der Definition einer Haftungsobergrenze sind damit die unmittelbaren Kosten für eine Beendigung der Währungsgemeinschaft für Deutschland gelegt worden. Die drei Kernelemente sind eben Entflechtung der Bankeninterdependenzen mit anderen Mitgliedsländern der Eurozone insbesondere der Krisenländer, Weitgehender Abbau der Leistungsbilanzüberschüsse mit diesen Krisenländern und eben Beendigung einer gesamtschuldnerischen Haftung für die Eurozone. Auf diesem Fundament ließe sich sollte das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum OMT der EZB im Laufe diesen Jahres negativ zum OMT ausfallen, d.h. das Bundesverfassungsgericht fordert die Bundesregierung auf, für den Fall, dass die EZB das OMT-Programm tatsächlich umsetzen sollte, die Währungsunion zu verlassen, die Bundesregierung für diesen Schritt exkulpiert. Ein ehemaliger Bundesverfassungsrichter hat hierfür eine Linie vorzeichnet.[17]

Kommt es zu einem Auseinanderbrechen der Währungsunion, dann hat die AfD ihr politisches Ziel erreicht und man wäre ein hochwillkommener Koalitionspartner der CDU/CSU.

Sicherlich ist das nur ein Denkszenario, aber wie die Hinweise auf Äußerungen zahlreicher Akteure in diesem Supergame klarstellen, ist es zumindest nicht völlig aus der Luft gegriffen. Merkel war schon immer für jedwede Überraschung gut. Warten wir es also ab.


Wahlumfragen: Information oder Desinformation?

Mit jedem Tag mit dem der Wahltag zur Bundestagswahl am 22. September näher rückt, nimmt die Zahl der Ergebnisse von Experten zur Wählermeinung zu. Mein persönlicher Eindruck ist, hier wird systematisch Stimmungsmache betrieben. Über die Faktizität der präsentierten Ergebnisse ließe sich dagegen trefflich streiten. So meldet der Spiegel Online heute, dass laut Emnid nach Meinung von Güllner eine Kampagne gegen die Beteiligung Deutschlands an einem Militärschlag in Syrien der SPD schaden würde. Euro-Krisen-Debatte schadet natürlich auch der SPD. SO wird Tabu auf Tabu aufgebaut, über das im jetzigen Wahlkampf bitteschön nur nicht gestritten werden soll. Ob NSA und GCHQ Abhörskandal. Wenn die SPD dagegen opponiert. Schadet der SPD. Einheitlicher gesetzlicher Mindestlohn in Deutschland. Na klar, schadet der SPD. Diese Fürsorglichkeit der Meinungsmacher sowohl bei den Meinungsumfrageinstituten und den Medien ist schon erstaunlich.
Offenbar werden durch scheinbar objektive Umfrageergebnisse die Vorstellungen der schwarz-gelben Koalition ständig bestätigt. Alle Themen wie beispielsweise Griechenland bezüglich Schuldenschnitts und weiteres Hilfspaket schaden der SPD, wenn sie eine gegensätzliche Position als die jetzige Bundesregierung bezieht. Steuergerechtigkeit und Vermögensabgabe für Reiche sind Themen die der SPD und den Grünen schaden. Kampf gegen Steueroasen und Steuerflucht schaden als Themen der Opposition. Nicht die CDU/CSU und die FDP müssen noch Wahlkampf machen, das machen für sie schon die Umfrageinstitute und die Medien. Notfalls gibt es dann einen Doppelpass zwischen den Regierungsparteien und den Umfrageinstituten und den Medien.
Es gibt aktuell eine Ausnahme. Die FDP hat dummerweise einen Werbespot platziert, der mit Videomaterial der NPD identisch ist. Solche fauxpas passieren halt schon einmal. Brüderle hat ja auch schon seinen Sturz von der Bühne erlebt. Es läuft halt doch nicht alles rund, wie es sich die Organisatoren der Wahlkampagne der Regierungsparteien erträumen.
Meine Wahlempfehlung. Hört nicht auf die Medien, Umfrageinstitute oder Wahlspots der Parteien. Wer es in den zurückliegenden vier Jahren nicht geschafft hat gute Regierungspolitik oder Oppositionsarbeit zu leisten, wird es jetzt nach der Wahl trotz aller Wahlversprechen auch nicht leisten. Da gilt letztendlich nach dem Wahltag die alte Adenauer-Weisheit: „ Was schert mich mein Geschwätz von gestern.
Mein Rat an die Oppositionsparteien: Lasst Euch nicht von Umfrageinstituten und den Medien in eurer Debatte um zentrale Fragen der Politik wie Soziale Gerechtigkeit, Umwelt, Frieden, etc. beeinflussen. Sagt was ihr zu sagen habt und der Wähler wird es euch danken. Der ganze Umfrageunsinn ist keine valide Information, sondern vielmehr Manipulation der öffentlichen meinung. Abgerechnet wird nach dem Wahltag und nicht vorher.

Politikwechsel und Manipulation des öffentlichen Bewusstseins in der Regierungszeit Merkel

Ein Charakteristikum Merklescher Regierungskunst besteht darin, sich Themen und Lösungen der Oppositionsparteien handstreichartig zu Eigen zu machen.
Beispiel 1: Energiewende
Klassische Beispiele sind der Ausstieg aus der Kernenergie und die Hinwendung zur ökologischen Wende. Hatte die schwarz-gelbe Koalition alles mögliche daran gesetzt durch die Verlängerungen der Laufzeiten für AKWs den Ausstieg aus der Kernenergie, den zuvor die rot-grüne Vorgängerregierung ausgehandelt hatte, so wurde im Zuge des Stimmungswandels in der Öffentlichkeit diese zuvor verfolgte Politik schlagartig aufgegeben. Plötzlich war die zuvor verfolgte eigene Politik Anathema für die Kanzlerin geworden. Damit konnte ein Thema der Partei der Grünen okkupiert werden.
Das heißt jedoch keineswegs, dass es jetzt zu einer echten Epiphanie bei der Kanzlerin hinsichtlich erneuerbarer Energiepolitik gekommen wäre. Es ist letztendlich eine Politik des schönen Scheins.
Trotz dieser rhetorischen Wende wurde ja in enger Kooperation mit den Großunternehmen der Energiebranche weiterhin alles andere als eine Politik an den Bedürfnissen der Bevölkerung orientierte Energiepolitik betrieben. Großunternehmen werden entlastet, in dem sie sich nicht an der EEG-Umlage beteiligen müssen. Die Kosten werden einfach auf die privaten Haushalte und die kleinen und mittelständischen Betriebe abgewälzt. Ein rasche Korrektur der Subventionen bei Photovoltaik wurde nicht rechtzeitig durchgesetzt, so dass die Kosten für Subventionen der Photovoltaikanlagen durch das EEG explodieren.
Neue weiße Elefanten wie überdimensionierte Stromtrassen durch die Republik planen ließ, die parallel Braunkohlestrom und erneuerbare Energien von Nord nach Süd transportieren können und damit den aufgrund bestehender großzügigster Ausstattung mit Emissionsrechten erneuerbare Energien in den direkten Wettbewerb mit konkurrenzlos billiger Braunkohle treten lässt. Das macht die Stromtrasse selbstverständlich deutlich teurer. Bezahlen soll das dann wieder der Endverbraucher. Die Kosten für die Förderung des Braunkohlebilligstroms werden als Kosten der Energiewende umdeklariert. Etikettenschwindel nennt man so etwas.
Das Versagen der großen Hersteller Offshore-Windparks in der Nordsee frist- und kostengerecht umzusetzen – es hakt bei den Stromkabeln von den Offshore-Windparks von der See an Land – werden den Endverbrauchern in Rechnung gestellt. Seltsamerweise klappt es offenbar mit den Offshore-Windparks in Großbritannien. Was machen die denn anders als die deutschen Offshore-Windpark-Unternehmen. Stolz wird ja vermeldet, dass dort auch deutsche Großunternehmen wie E.On und andere an dem britischen Projekt beteiligt.
Dieses ganze energiepolitische Desaster der schwarz-gelben Bundesregierung wird jetzt den entsetzten Stromkunden als Otto-Normalverbraucher als unvermeidliche Kosten der Energiewende verkauft. Nicht das Versagen der Bundesregierung und der Großindustrie ist die Ursache, sondern der Wunsch der Bürger nach einer bezahlbaren Energiewende. So führt man bewusst die Bürger hinter die Fichte, um in der Diktion von Peer Steinbrück zu bleiben. Eigentlich unternimmt man Alles um die ökologische Energiewende wie zuvor zu sabotieren, um am Ende die Bürger mit der nächsten Energiewende zurück zur alten Energiepolitik der AKWs und fossiler Brennstoffe zu beglücken. Man treibt trotz aller anderslautenden Beteuerungen eigentlich die systematische Sabotage der Energiewende. Am Ende wird man aber die Erfolge der schwarz-gelben Bundesregierung bei der Durchführung der Energiewende dem Wähler als Leistung bei der Bundestagswahl präsentieren.
Beispiel 2: Homoehe
Ein weiteres eklatantes Beispiel ist die gesetzliche Regelung der Homoehe. Bis zuletzt hat die schwarz-gelbe Bundesregierung einen hinhalten Widerstand gegen eine gesetzliche Regelung, die ihr bereits zuvor vom Bundesverfassungsgericht mit Terminsetzung aufgetragen worden war, geleistet. Erst nach dem jüngsten Gerichtsurteil wurde dann zwangsweise die gesetzliche Regelung im Eilverfahren durchgezogen. Zuvor hatten Politiker wie Volker Kauder noch versucht das Bundesverfassungsgericht massiv in dieser Frage unter Druck zu setzen. Statt das Thema ganz aus der politischen Debatte abzuräumen, wird jedoch das Adoptionsrecht erneut ausgeklammert. Man will auch hier bis zum Letzten mauern. Im Wahlkampf wird dann jedoch voraussichtlich mit dem Argument hausieren gegangen, dass man endlich das Problem der Homoehe geregelt hätte.
Beispiel 3: Vorratsdatenspeicherung
Nach der breiten öffentlichen Debatte um die weitgehend vollständige Vorratsdatenspeicherung der digitalen Kommunikation aller Deutschen durch die NSA , GCHQ und anderer ausländischer Geheimdienste vollzieht jetzt die schwarz-gelbe Koalition erneut eine Wende. Plötzlich wird die von ihr seit Jahren betriebene Politik der Vorratsdatenspeicherung von Verbindungsdaten in Deutschland aufgegeben. Wie glaubwürdig diese erneute Wende ist, mag dahingestellt sein. Schließlich hat man gewaltige Summen in den Bau der neuen BND-Zentrale in Berlin investiert. Das soll jetzt alles plötzlich in Frage gestellt werden? Wohl kaum, aber man will die Bürger vor der Bundestagswahl nicht mit solchen Schreckensvisionen eines allwissenden Überwachungsstaates beunruhigen. Da wird eben keck einfach das Thema erneut als Anathema erklärt und man gibt sich geläutert als diejenige Regierung, die sich für den Datenschutz der Bürger und dessen Freiheitsrechte insbesondere das Recht auf informationelle Selbstbestimmung einsetzt. Damit schlägt man natürlich insbesondere den Oppositionsparteien wieder einmal ein Schnippchen. Piraten, Grüne, SPD und Linke mögen ja noch so sehr die bisherige Politik der Bundesregierung in dieser Frage kritisieren. Man hat ja schlagartig seine Position geändert und der ganze Streit wird als ein Streit von gestern abgelegt. Wer’s glaubt ist selig.
Sophistik und Rhetorik in der öffentlichen Politikdebatte
Anhand nur dieser drei Beispiele wird deutlich wie die schwarz-gelbe Bundesregierung sich immer wieder den Anschein gibt, dass sie den Stimmungen der Bürger Rechnung trägt. Obwohl man genau das Gegenteil seit Jahren als politische Position vertreten hat und alle Versuche einer Änderung des Rechtsrahmens zugunsten einer entsprechend den Bürgerinteressen fortschrittlichen Lösungen verhinderte, findet man nichts dabei ein politisches Thema, wenn es die politische Mehrheit der Bundesregierung gefährden könnte, schnell für sich zu okkupieren. Man steht damit in der Tradition der griechischen Sophisten , die letztendlich mit den Mitteln der Rhetorik alles zu begründen und zu rechtfertigen versuchten. Es geht nicht mehr um politische Inhalte, sondern um die Kunst des Machterhalts. Dabei spielen im Sinne von Macchiavelli Täuschung und Lügen eine zentrale Rolle beim Machtpolitiker. Genau diesen Sachverhalt, dass man Dinge in der Öffentlichkeit vertritt, die man de facto nicht meint und einzuhalten bereit ist, funktioniert bis auf den heutigen Tag. Die Macht der Worte, ersetzt immer noch die der Taten. Die Bundesbürger sollten jedoch bei der nächsten Bundestagswahl die Parteien an ihren Taten und nicht an ihren schönen Worten messen. Dann wäre schon viel erreicht.

Kommt jetzt der flächendeckende Mindestlohn in Deutschland?

Der Bundesrat hat einem Gesetzesentwurf für die Einführung eines flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns in Deutschland in Höhe von 8,50 Euro verabschiedet. [1] Die SPD, die Grünen und die Linken konnten aufgrund der seit der Niedersachsenwahl geänderten Mehrheitsverhältnisse  diese Gesetzesinitiative auf den Weg bringen. Sogar einige CDU-Abweichler stimmten für dieses Gesetz. Nun ist der Bundestag gefordert. Angela Merkel dürfte jetzt in der Klemme stecken. Einerseits kann sie sich einer Kanzlermehrheit in dieser Frage im Bundestag keineswegs mehr sicher sein. Für sie ist auch die Versuchung groß das Thema möglichst vor dem Beginn der heißen Phase der Bundestagswahl wie mit der Energiewende abzuräumen, d.h. es mit Stimmen aus der CDU passieren zu lassen. Allerdings dürfte dies die schon jetzt labile schwarz-gelbe Koalition noch weiter in Kalamitäten stürzen. Die FDP, die CSU und in Teilen der CDU rund um den Wirtschaftsrat dürfte ein solcher Schritt heftige Gegenreaktionen auslösen. Was also nun Frau Merkel?

Lehnt sie die Gesetzesinitiative mit einer Kanzlermehrheit ab, dann macht sie den gesetzlichen flächendecken Mindestlohn zum Wahlkampfschlager der Opposition. Da – folgt man den aktuellen Wahlumfragen [2] – bisher keine klaren Mehrheiten für eine Fortsetzung der schwarz-gelben Koalition – Leihstimmen für die FDP hin oder her – erkennbar sind, könnte es der Tropfen sein, der das Fass zum überlaufen bringt, d.h. den definitiven Verlust der Macht in Berlin einleitet. Der Versuch Arbeitsplatzsicherheit gegen Mindestlohn auszuspielen, dürfte wenig Resonanz in der Bevölkerung haben.[3] Zwar steigen derzeit wieder die Arbeitslosenzahlen[4], aber das Thema Arbeitslosigkeit steht derzeit nicht an der Spitze der Sorgen der Bundesbürger.

Damit könnte einen Auseinandersetzung, die sich über die letzten zwanzig Jahre hingeschleppt hat, zu einem Ende glücklichen kommen.  Man würde sich dann doch endlich einem gesamteuropäischen Rahmen annähern.[5] Warum sollte man in Deutschland nur die Kröten der Haftungsübernahme für Länder schlucken und die Bonbons von flächendeckenden gesetzlichen Mindestlöhnen übernehmen, die sich ja auch in den selbst für neoliberalen Anhängern immer wieder als Vorbilder genannten Ländern wie USA und Großbritannien durchgesetzt haben? Deutschland sollte sich nicht dem Trend der Zeit in dieser Frage verweigern, wie dies in der Vergangenheit der Fall gewesen ist. Der soziale Friede dürfte dadurch nachhaltig gesichert werden. Zudem dürfte es die sizalen Sicherungssysteme entlasten, da sie durch Zuschüsse für Geringsteinkommensbezieher die Transferleistungen erbringen müssen.

Der Verbraucherschutz von schwarz-gelb à la Ilse Aigner

Pharmazeutika vergiftetes Pferdefleisch[1] in den großen Handelsketten Deutschlands von Aldi[2] und Lidl[3]. Was in Großbritannien begann[4] hat nun auch Deutschland mit voller Wucht erreicht.[5] Die Hersteller und Handelsketten einschließlich der verantwortlichen Politiker wie Ilse Aigner winden sich. Man hat von alledem mal wieder nichts gewusst und schiebt die Verantwortung sich gegenseitig zu. Doch solche Skandale haben eine lange Vorgeschichte. Sie besteht in einem System der laxen Regulierung und Kontrolle. Hier hat die Lebensmittelmafia in enger Kooperation mit den politisch verantwortlichen den Boden bestellt. Offenbar hat die Bundesregierung maßgeblich eine striktere Lebensmittelkontrolle auf EU-Ebene konterkariert.[6] So jedenfalls der Vorwurf der Grünen an die schwarz-gelbe Koalition. Was sagen Sie dazu Frau Merkel? Was sagen sie dazu Frau Aigner?

Wie sagte schon Lenin: Vertrauen ist gut. Kontrolle ist besser. Statt immer wieder Feiertagsreden zu halten, hätte die schwarz-gelbe Bundesregierung handeln müssen.  Stattdessen hat sie jetzt nur aufgrund einer Warnung des europäische Schnellwarnsystem für Lebensmittel (RASFF[7]) über mögliche falsch gekennzeichnete Produkte mit Pferdefleisch reagiert.[8] Es handelt sich um Tiefkühl-Fertigprodukte mit Hackfleischanteil (z.B. Lasagne oder Cannelloni Bolognese, Moussaka etc.). Statt durch Deutschland zu ziehen und Feiertagsreden zu halten[9], hätte Ilse Aigner sofort nach Bekanntwerden des Skandals in Großbritannien tätig werden müssen. Davon findet sich keine Spur. Aigner ging in Deckung und hoffte wohl inständig, dass Deutschland davon nicht betroffen sein würde. Mit Erklärungen – wie zuletzt aufgrund einer Anfrage der Grünen-Fraktion im Deutschen Bundestag – von Aigner kann es ja nicht getan sein.[10] Als Bayerin von der CSU hält es Aigner aber wohl eher mit Karl Valentin:  „Mögen hätt ich schon gewollt, aber dürfen hab ich mich nicht getraut.“ Mit der Agrarlobby im Rücken, ist es eben schlecht sich für einen konsequenten Verbraucherschutz einzusetzen.  Da bleiben nur starke Worte, die von der eigenen Verantwortung ablenken sollen.

Dass das Bundeskabinett von Angela Merkel keine Zierde von kompetenten und durchsetzungsfähigen Politikern und Politikerinnen ist, haben wir ja nun zur Genüge in der noch laufenden Legislaturperiode feststellen können. Es ist und war ein Kabinett des Stillstands. Helmut Kohl und seine achtzehn Jahre Regentschaft lassen grüßen. Gott bewahre uns deshalb vor einer erneuten Auflage dieser Regierung. Sie wollen Nichts, sie können Nichts außer sich möglichst lange im Amt halten und Vetterleswirtschaft betreiben. Nein, danke. Treten sie zurück Frau Aigner und übernehmen sie endlich einmal die politische Verantwortung für das Desaster.


Nullnummer Strompreisbremse

Die schwarz-gelbe Bundesregierung will mit ihrer Ankündigung einer Strompreisbremse im laufenden Bundestagswahlkampf punkten.[1] Das ist reines Schaulaufen, um den Wähler zu beeindrucken. Motto: Wir tun was. Dummerweise werden jetzt bei den Haushalten mit der Festsetzung der Abschlagszahlungen Fakten geschaffen. Bei mir wurden die Vorauszahlungen um 8 Prozent angehoben, obwohl ein weitgehend ausgeglichener Saldo im Vorjahr bei der Abrechnung herauskam. Mithin setzten die Stromkonzerne bereits jetzt die Strompreiserhöhung für dieses Jahr irreversibel bei den Abschlagszahlungen um. Vor dem Wahltermin im Herbst ändert sich daran nichts mehr. Kaum anzunehmen, dass nach der Wahl sofort bis zum Jahresende rückwirkend die Preisanhebung nach unten korrigiert werden wird.

Legt man den Anstieg der Strompreise der zurückliegenden Jahres gegenüber 2011 zugrunde, der 2,8 Prozent betrug[2], dann hat sich in diesem Jahr der Strompreisanstieg de facto mehr als verdoppelt. Dabei wird es aller Voraussicht auch bleiben egal wer nach der Bundestagswahl  regiert. Letztendlich gilt ja die alte Regel von Konrad Adenauer: „Was schert mich mein Geschwätz von gestern. „