Abschaffung des Bargelds: Das Spiel mit dem Feuer

Es mehren sich die Zeichen, dass es immer mehr Versuche gibt, den Einsatz von Bargeld in Europa drastisch einzuschränken. Dahinter steht der Effizienzgedanke. Schließlich seien bargeldlose Bezahlsysteme kostengünstiger, den das Drucken und Prägen von Banknoten und Münzen ist kostspielig. Man sollte daher die vollständige Umstellung auf bargeldlose Bezahlsysteme vorantreiben. Soweit so gut. Aber ist dieser Effizienzgewinn mit den einhergehenden Risiken wirklich sinnvoll?

Euro-Cents sollen abgeschafft werden

Die EU-Kommission hat angeregt die Ein- und Zwei-Cent Münzen der Eurozone abzuschaffen. Die Bundesbank wehrt sich dagegen.[1] Hier spielt einerseits der Effizienzgedanke eine Rolle und andererseits die Frage nach der inflationären Wirkung, wenn solche Münzen aus dem Zahlungsverkehr als Bargeld verschwinden würden. Passen sich die Preise an indem jetzt auf 5 Cent aufgerundet würde, dann ist ein einmaliger Inflationseffekt unvermeidlich. Die Erfahrungen mit der Einführung des Euro, der ja rasch in Deutschland als Teuro in Verruf geriet, lassen dies als sehr wahrscheinlich erscheinen. Vielleicht ist es ja genau das, was der Kommission heimlich im Sinn schwebt, denn man möchte ja die Inflationsrate anheben. Die Deutsche Bundesbank, die sich der Preisstabilität verpflichtet fühlt wehrt sich dagegen.

Der 500-Euro-Schein soll abgeschafft werden

Am anderen Ende hat die EZB bereits Überlegungen öffentlich angestellt, den 500-Euro-Schein abzuschaffen.[2] Hier lautet die Begründung, dass er im allgemeinen Zahlungsverkehr keine Rolle spiele und vorwiegend für kriminelle Aktivitäten wie Geldwäsche, etc. Anwendung fände. Das ist sicherlich ein gewichtiges Argument, aber überzeugt letztendlich nicht, denn worin liegt der große Unterschied, wenn Schwarzgeld stattdessen in fünf einzelnen 100-Euro-Scheinen illegal zirkulieren würde. Es wäre sogar noch schwieriger deren Weg zurückzuverfolgen, da diese Banknote ja nun im breiten Bargeldumlauf sich befände.

Abschaffung von Bargeld?

Letztendlich kann man dies ja als Beginn einer schrittweisen Abschaffung des Bargeldes insgesamt interpretieren. Nach den ein du zwei Cents kommen dann die fünf Cents und nach dem 500 Euro-Schein der 100 Euro-Schein. Langsam würde die Bevölkerung an die Verwendung von bargeldlosen Bezahlungssystemen gewöhnt.

Nach der breiten Nutzung von Kredit-[3] und Debitkarten[4], die jedoch in wachsendem Maße mit Sicherheitsproblemen zu kämpfen haben, werden ja jetzt neue Bezahlsysteme wie beispielsweise mittels des Smartphone[5] propagiert. Das ist zunächst einmal praktisch, wenn man die Sicherheitsprobleme ausklammert.  Man hält sein Handy einfach vor einen Scanner und schwupp-di-wupp ist der Bezahlvorgang erledigt. Allerdings was passiert, wenn das Handy in falsche Hände gerät? Welche Informationen werden an wen dabei übertragen? Was wird alles dabei aufgezeichnet?[6] Man mag mich ja als Paranoiker bezeichnen, aber dem Missbrauch wären hier zusätzlich Tür und Tor geöffnet. Zum einen geht es um den Risikotransfer. Der Besitzer eines Handys müsste ja sicherstellen, dass sein Handy immer unter seiner Kontrolle für Zahlungsvorgänge genutzt wird. Treten Probleme auf, dann müsste er beweisen, dass er nicht schuldhaft diesen Missbrauch ermöglicht hat. Ein sehr schwieriges Unterfangen. Die Sicherheitstechnologien sind bekanntlich sehr unzuverlässig. Bereits beim Homebanking und Kreditkarten treten massive Sicherheitsprobleme auf, die auch weidlich von kriminellen genutzt werden. Zuletzt gelang es einem kriminellen Netzwerk innerhalb weniger Stunden rund 60 Mill. Euro weltweit von tausenden Konten über Geldautomaten mit gefälschten Kreditkarten abzuziehen.[7] Eins scheint sicher, sicher ist die derzeitige technische Infrastruktur keineswegs.

Das gilt auch für Handybezahlsysteme.[8] Das scheinbar Zwei-Wege-System einer Banküberweisung mittels PC und Handy konnte durch Einschleusen von Malware[9] überwunden werden und damit wurden illegale Überweisungen vom Kundenkonto ermöglicht. All dies stellt gewaltige Sicherheitsrisiken dar, die so oder so direkt über Kundenhaftung oder auch indirekt über höhere Gebühren von ihm für die bargeldlosen getragen werden müssen.

Mithin wird hier mit einer höchst unsicheren Technologie auf Kosten der Allgemeinheit experimentiert. Die schöne neue Welt des bargeldlosen Bezahlsystems kann so leicht zu einem Albtraum werden, wenn Konten geplündert, ungerechtfertigt gesperrt und Informationen über Bezahlsysteme widerrechtlich von diversen Institutionen genutzt werden. Der gläserne Bürger was seine gesamten Zahlungsvorgänge betrifft wäre prinzipiell möglich. To whom it ever may concern.

Von daher sollte den Anfängen bereits ein breiter Widerstand der Bürger entgegenstehen. Es fehlt derzeit an den technischen und rechtlichen Voraussetzungen, die diese Systeme hinreichend Sicher im Gebrauch machen. Der Verlust der Anonymität des Bürgers über sein Bezahlverhalten wäre ein fundamentaler Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung jedes Bürgers. Hinzu kommt eben der Risikotransfer auf die Bürger von den Betreibern solcher bargeldlosen Transfersysteme, die so oder so für deren Kosten geradestehen müssen.

Ein weiteres Beispiel ist Bitcoin, das noch vor wenigen Wochen als alternatives privates Bezahlsystem Schlagzeilen machte.[10] Die von Presse und anderen Medien geschürte Euphorie endete rasch in einem Katzenjammer als Bitcoin gekackt wurde und ein Kurssturz die Folge war.[11]

Während man sich einerseits zunehmend über Cyberattacken vielfältiger Art bis hin zum Cyberwar [12]sorgt, schafft man gleichzeitig die Voraussetzungen damit dieser umso katastrophalere Folgen haben könnte.

Bargeld als unabhängiges Backup-System zu den derzeit unsicheren bargeldlosen Systemen ist unverzichtbar. Eine voreilige Einführung riskiert die soziale Stabilität im Krisenfall, d.h. wenn ein großflächiges Systemversagen einträte. Inzwischen wissen wir  ja nun allzu genau wie katastrophal ein Finanzsystem fehlgesteuert werden kann, wenn die systemische Stabilität ignoriert worden ist. Später hilft das Klagen – man hätte das nicht gewusst – nicht aus der selbstverschuldeten Malaise. Drum gilt: Wehret den Anfängen.


19 Gedanken zu „Abschaffung des Bargelds: Das Spiel mit dem Feuer

  1. Der Artikel nennt einige Gründe, die gegen die vollständige Umstellung auf Giralgeld sprechen, aber nicht den wichtigsten:

    DIE VOLLSTÄNDIGE ABSCHAFFUNG DER AUTONOMIE DES BÜRGERS

    Finanzamt, Sozialamt, Staatsschutz, …, alle Institutionen haben dann hundertprozentigen Zugriff auf alle Details des finanziellen Lebens. Nicht mal Bargeld, um notfalls vor einer Diktatur zu fliehen oder Widerstand dagegen zu organisieren, wäre noch da. (Die private Aufbewahrung von Gold und Juwelen wäre sicher auch verboten, siehe USA im zweiten Weltkrieg),
    Alle Lebensbereiche (Spenden an die Kirche oder an einen Bettler, der Stütze bekommt , Besuche im Rotlichtmilieu,…) wären dem Staat bekannt. Dem Bettler kann dann automatisch seine Sozialhilfe gekürzt werden.
    Aus den Bewegungen der hundertprozentig erfassten privaten Finanzen können perfekte Personenprofile abgeleitet werden. Mit ein paar Jahren Verspätung wäre Orwells „1984“ endlich umgesetzt.

  2. Pingback: „Schöne Neue Welt“: Der Finanzindustriell-Geheimdienstliche Komplex! Bargeldlos? Wir müssten verrückt sein! | WiPoKuLi

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