Die Stunde Null – Was wäre wenn Griechenland sich als zahlungsunfähig erklärt?

Eines der Tabus über das ein striktes Denkverbot verhängt worden ist, ist die Frage was passiert eigentlich, wenn Griechenland sich am Tag x – beispielsweise am 15. Juli 2011 – für zahlungsunfähig erklärt? Nun es ist damit ein Zahlungsausfall eingetreten, den man zuvor mit allen möglichen Finten und Winkelzügen aus juristischen Gründen verhindern wollte. De facto ist Griechenland ja pleite. Es darf es nur nicht im Sinne der Juristen sein.

Die Ratingagenturen müssen das Rating von derzeit CCC auf SD oder D herabsetzen

Mit der offiziellen Erklärung der Zahlungsunfähigkeit gegenüber den Gläubigerstaaten und der globalen Finanzcommunity müssen die Ratingagenturen dies auch in ihren Ratings nachvollziehen. Damit findet nun die de jure Pleite ihre Anerkennung. Was ändert sich de facto. Nichts. Denn das wusste man ja bereits vorher. Die Papiere waren auch de facto nur noch an staatliche Stellen wie EZB oder National Banken verkäuflich, d.h. mussten sozialisiert werden.

Die International Swaps and Derivatives Association erklärt den Zahlungsausfall für CDS

Die International Swaps and Derivatives Association ist ebenfalls gezwungen den Zahlungsausfall de jure festzustellen. Damit werden die mit CDS abgesicherten griechischen Staatsschuldverschreibungen den entsprechenden CDS-Versicherern als zahlbar von den bisherigen Gläubigern gestellt. Jetzt muss sich zeigen, ob sie zur Zahlung des Kreditausfalls auch in der Lage sind. Der Fall AIG hat im Falle der Lehmann-Pleite gezeigt, dass man dazu ohne massive Staatshilfen von über 100 Mrd. US-Dollar nicht in der Lage war.

Hier könnte sich zeigen, ob man aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt hat. Hält das System, dann würden nur diejenigen Gläubiger auf dem Trockenen sitzen, die keine solche Versicherung abgeschlossen haben. Eigentlich dürften dies nicht die großen institutionellen Investoren sein. Dort geht man solche Risiken in der Regel nicht ein. Die Dummen sind gewöhnlich die Kleinanleger. Sie haben in blindem Vertrauen auf den griechischen Staat oder den impliziten Bailout das Risiko eines Zahlungsausfalls ignoriert. Das sind dann beispielsweise die berühmten Rentner oder Pensionäre. Die haben aber de facto kaum Möglichkeiten das System aus dem Gleichgewicht zu bringen als bittere Tränen über ihren Verlust zu vergießen.

Wertberichtigungen auf die griechischen Staatspapiere

Diejenigen, die unbesichert griechische Staatsanleihen weiterhin halten, müssen aufgrund des de jure Kreditausfalls ihre Forderungen wertberichtigen. Hier könnte durch ein Moratorium bis zur Klärung der anstehenden Probleme einen sofortige Kettenreaktion verhindern. Man könnte eine Stelle einrichten bei der sich die Betroffenen registrieren lassen können. Dann könnte über eine Lösung der dadurch entstandenen Probleme im Einzelfall verhandelt werden. Wie jeder Insolvenzverwalter bei einer Firma könnte man die Geschäfte auch nach Eintritt der Insolvenz fortführen. Beispiele sind etwa General Motors. Da ja weiterhin umfangreiche Mittel Aus den diversen Rettungsfonds zur Verfügung stünden, könnten die gegebenenfalls auch umgewidmet werden, um aus einer ungeordneten eine geordnete Insolvenz zu machen. Dies wäre dann Gegenstand von Verhandlungen zwischen der EU und Griechenland über die Modalitäten der Insolvenz.

Vorteil der Insolvenz

Griechenland kann seine Schulden neu aushandeln. Die Gläubiger sind jetzt in einer unangenehmen Situation, da sie keinerlei Zwangsmittel besitzen die Schulden direkt vom griechischen Staat einzutreiben. Während beim Rettungsschirm ja weiterhin alle internationalen Rechtsnormen verbindlich eingehalten werden müssen und die Gläubiger die Bedingungen diktieren, müssen jetzt die Gläubiger sehen wie sie wenigstens einen Teil ihrer Forderungen durch eine einvernehmliche Lösung zurückbekommen. Statt auf Maximalforderungen zu beharren, müsste man den bereits in der Haircut-Debatte diskutierten Teilschuldenerlass in die Verhandlungen einbeziehen. Jetzt lautet ja die Frage wenigstens Etwas oder Garnichts. Da man sich ja jetzt in einem quasi-rechtsfreien Raum bewegt, muss man sich auch nicht um die collective action clause Gedanken machen. Jeder müsste ja zusehen wie er an sein Geld kommt. Die Starrköpfe, die auf ihrer Forderung beharren, würden eben ans Ende gestellt. Da gilt dann Gorbatschows Weisheit: Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.

Man hat die Chance für die geordnete Insolvenz vertan

Statt sich zügig an die Umsetzung einer Insolvenzordnung zu machen, wie dies ja bereits von fünf führenden deutschen Wirtschaftswissenschaftlern vor einem Jahr gefordert wurde, hat man die Zeit für die Klärung dieser wichtigen Rahmenbedingungen nicht genutzt. Der Vorwand – man könne diese ja nicht auf den Fall Griechenland anwenden – überzeugt nicht. Im Falle einer ungeordneten Insolvenz Griechenlands würde man froh sein, wenn man sich anhand einer zwar für diesen Fall de jure nicht zwangsläufig gültigen Insolvenzordnung orientieren könnte. Schließlich hat man sich ja auch im Fall der Zwangsverstaatlichung der HRE zu helfen gewusst. Mithin wurde mit diesem Vorwand nur die Verabschiedung einer Insolvenzordnung für Staaten blockiert, um eine geordnete Insolvenz nicht als Chance zuzulassen. In einer ungeordneten gelten aber prinzipiell keine vorgegeben Regeln. Jetzt muss eben neu ausgehandelt werden.

Griechenland würde nur noch Zug um Zug seine internationalen Wirtschaftsbeziehungen gestalten können

Das ist sicherlich schmerzhaft, aber dürfte die Konsolidierung der Auslandsverschuldung beschleunigen. Wer nichts mehr auf Kredit kaufen kann, der muss eben mit dem auskommen was er einnimmt. Wenn zuletzt die Bereitschaft hierzu in Griechenland erlahmt ist, jetzt gäbe es keinen Ausweg mehr. Umgekehrt würden alle die weiterhin an Wirtschaftsbeziehungen mit Griechenland interessiert sind, sich engagieren müssen, wie sie dies unter diesen Rahmenbedingungen hinkriegen wollen. Griechenland ist ja nicht das erste Land und hat selbst langjährige Erfahrungen wie man sich durch eine solch prekäre Lage durchwurstelt.

Wer bilateral eine Kreditbereitschaft zeigt, kann dies ja unter den gegebenen Verhältnissen auch weiterhin tun.

Zahlungen des Staates an seine Bürger

Beispiele für zahlungsunfähige Staaten sogar nur Bundesstaaten in den USA gibt es ja reichlich. Man könnte eine Art Notgeld einführen. Man könnte ja Arnold Schwarzenegger als Berater einstellen. Der weiß wie man sowas macht.

Euro oder Drachme?

Da Griechenland ja nun bereits pleite ist, kann man sich jetzt auch genau überlegen, ob man aus der Eurozone austritt und wieder die Drachme einführt und, um sofort wieder eine Wettbewerbsfähigkeit herzustellen, deutlich gegenüber dem Euro abwertet. Das Land hätte hinsichtlich der Arbeitslosigkeit und Wirtschaftswachstum endlich wieder festen Boden unter den Füßen. Man kann die Kosten mit den international möglichen Preisen anpassen ohne den dornigen Weg des Kürzens von Löhnen und Gehältern oder Renten durchsetzen zu müssen. Weil Importe drastisch teurer werden, muss man sich auf die eigenen Produktionsmöglichkeiten besinnen. Ein heilsamer Prozess. Man würde die Ökonomie endlich wieder vom Kopf auf die Füße stellen. Also Packens wir an. Griechenland wird auch mit einer ungeordneten Staatspleite harte Jahre vor sich haben, aber der Weg wird nach zwei bis drei Jahren wieder nach oben führen. Die Agonie der Rettungsschirme, die nichts fundamental lösen und nur den Schuldenberg größer werden lassen, würde überwunden. Es ist vielleicht kein Zufalls, das Papandreou den Verteidigungsminister Venizelos zum neuen Finanzminister ernannt hat, zeigt er ist zum Kampf bereit. Der Krieg gegen die Pleite ist eben mit den üblichen Mitteln nicht zu gewinnen.

3 Gedanken zu „Die Stunde Null – Was wäre wenn Griechenland sich als zahlungsunfähig erklärt?

  1. Banken in Südeuropa könnten im Falle einer Griechenland Pleite mit inden Strudel gerissen werden. Dann wird es aber Zeit, dass sie ihre Eigenkapitalbasis stärken. Das bedeutet jedoch einen Vermögensverlust für die Alteigentümer. Schließlich waren sie es die die faulen Kredite nach Griechenland ausgereicht haben in der Annahme es gäbe auf jeden Fall einen Bailout durch die EU.

    http://www.bloomberg.com/news/2011-06-19/greek-default-would-spell-havoc-for-european-banks-a-year-after-bailout.html

Hinterlasse einen Kommentar